visuelle Dichtung

visuelle Dichtung
visuẹlle Dichtung
 
[v-], neben der akustischen Dichtung wesentlichste Spielart der konkreten Poesie. Die Geschichte der visuellen Dichtung führt von den Bildgedichten des Hellenismus (Technopaignia) über die Figurata des Barock (Figurengedicht) zu einer neuen Blüte im 20. Jahrhundert. Von einigen Vorgängern (u. a. L. Carroll) abgesehen, beginnt diese mit den Achsenkompositionen von A. Holz (»Phantasus«, 2 Hefte, 1898-99) und S. Mallarmés Gedicht »Un coup de dés jamais n'abolira le hasard« (Erstfassung 1897, Zweitfassung herausgegeben 1914). G. Apollinaire tat mit seinen »Calligrammes« (1918) einen weiteren wichtigen Schritt auf diesem Weg, auf dem schließlich das traditionelle Bild durch einen außersprachlichen, figuralen Wortbezug, das typographische Bild, ersetzt wird. Voraussetzung dafür waren bewusste Grenzüberschreitungen wie z. B. K. Schwitters' »gesetztes Bildgedicht« und die futuristische »parole in libertà« von E. F. T. Marinetti. Diese durchbrachen die herkömmliche Textfolge und Leserichtung und verteilten Silben, Laute, Wörter und Wortgruppen frei über eine Fläche. Die futuristische Forderung nach der Zerstörung der Syntax wies dabei der Typographie deren Funktion zu, führte in die Literatur gleichsam eine typographische Syntax ein. Wichtige deutschsprachige Vertreter der visuellen Dichtung sind neben E. Gomringer u. a. C. Bremer, E. Jandl, F. Kriwet, F. Mon, D. Roth, die Autoren der Wiener Gruppe und der »Stuttgarter Schule« (u. a. M. Bense, R. Döhl, L. Harig, H. Heissenbüttel sowie der Typograph Hansjörg Mayer, * 1943).

Universal-Lexikon. 2012.

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